Buchneuerscheinung: Von Schächten und Stollen im Hüttenröder Bergrevier

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Claudia S.
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Buchneuerscheinung: Von Schächten und Stollen im Hüttenröder Bergrevier

Beitrag von Claudia S. »

Das Schwesternbuch zu "Grube Braunesumpf vergessener Schatz im Harz" ist jüngst erschienen.
Was den Leser erwartet hat Dr. Klaus Stedingk rezensiert.

Das Buch ist zu beziehen im Buchhandel oder direkt über den Bergverein zu Hüttenrode: https://www.montaneum.de/

Andreas PAWEL
Schächte und Stollen im Hüttenröder Bergrevier – Eine Generalbefahrung
Hüttenröder Edition Nr. 9 herausgegeben vom Bergverein zu Hüttenrode e.V. (Hrsg.)
268 Seiten, zahlreiche Abbildungen und Tabellen, Hüttenrode / Plauen 2025.
Druck: Satzart oHG, 08525 Plauen, ISBN 978-3-00-081785-4
Erhältlich im Buchhandel oder beim Bergverein Hüttenrode zum Preis von 39 € zzgl. Versand

Nach dem Erscheinen der Hüttenröder Edition Nr. 8 „Grube Braunesumpf -Vergessener Schatz im Harz“ im Jahr 2020 liegt nun mit dem 9. Band eine nahezu monographische Ergänzung vor, die erstmalig eine umfassende Bestandsaufnahme aller montanhistorisch bedeutsamen Objekte im Hüttenröder Bergrevier darstellt. Dass dies gelang, ist dem Jahrzehnte langen Wirken des Bergvereins zu Hüttenrode zu verdanken, der die Sachzeugnisse des Montanwesens bei Hüttenrode unter und über Tage erforscht, bewahrt und erhält. Damit gelingt es, das bergmännische Wissen und seine Traditionen auch als Kulturgut lebendig zu halten und in das Bewusstsein einer interessierten Öffentlichkeit zu rücken.
Das Buch beschreibt rund 20 Kleinstreviere in und um Hüttenrode. Viele Objekte der großen Zeit des „Blankenburger Barock-Bergbaus“ wurden bereits vor mehr als hundert Jahren aufgegeben und vergessen. Die Ergebnisse intensiver Archivstudien und vor Ort Erkundungen des Bergvereins lassen ihre Bedeutung oft in einem ganz neuen Licht erscheinen.
Auch wenn die Erzvorkommen des Elbingeröder Komplexes nicht für Edelmetalle, Seltenerd-Elemente, Lithium- oder andere Hightech-Minerale berühmt sind, haben aktuelle Forschungen des Bergvereins z.B. Spuren einer bislang unbekannten Kobaltvererzung nachgewiesen.
Damit ist die “Generalbefahrung des Hüttenröder Bergreviers“ jedoch noch nicht beendet. Der deutsche Germanist Johann Christoph Adelung definierte 1793 diesen Vorgang als “Hauptuntersuchung der Berggebäude, welche jährlich von dem Bergamte geschiehet“. Die Hüttenröder Edition Nr. 9 geht über diese Definition weit hinaus. Neben dem i.W. auf die Eisenerzgewinnung gerichteten Bergbau lockern Kapitel zur historischen Nutzung weiterer Rohstoffe oder technisch-wissenschaftliche Exkurse die Lektüre auf. Der Leser erfährt spannende Details zur Marmorgewinnung am Krockstein, zur Wasserwirtschaft oder zur glücklicherweise erfolglosen Uransuche der Nachkriegsjahre. Nicht nur dem touristischen Besucher werden die Entstehung und Besonderheiten des Blauen Sees im ehemaligen Revier Garkenholz anschaulich vermittelt. Garniert werden diese Ausführungen mit zahlreichen und zum Teil derben Anekdoten, wie dem Kuriosum der Namensgebung „Würstchenschacht“, als in den 1944, mitten im Krieg, eine Fehlcharge Halberstädter Würstchen entsorgt wurde. Mit erfrischender Ironie werden auch Ereignisse aus der Zeit der Planwirtschaft beleuchtet. nicht selten nach dem Motto “Planung ist Ersatz des Zufalls durch den Irrtum.“
Herausragend ist die reiche Ausstattung der Edition mit z.T. meisterhaften Aufnahmen aus dem heute noch zugänglichen Altbergbau. Diese Bildauswahl ermöglicht unmittelbare Einblicke in die Arbeitswelt vor Ort und ihre technischen Entwicklungen bis hin zu den aktuellen Verwahrungsarbeiten. Ergänzend tragen viele bislang unbekannte und historisch wertvolle Bilddokumente zur Abrundung des gelungenen Gesamteindrucks bei.
Wie immer gibt es bei einem montanhistorischen „Rundumschlag“ auch einige Wermutstropfen. So führte ein tückisches Textverarbeitungsprogramm nicht selten zu missverständlichem Ausdruck (z.B. verschlossen statt verschossen). Hinzu kommen die leider recht zahlreichen Dopplungen und einige Sach- und Schreibfehler. Beinahe akademisch-lehrbuchhaft mutet das mit 23 Druckseiten ungewöhnlich ausführliche Glossar („Die Sprache des Bergmanns“) an. Bei näherem Hinsehen hätte hier eine Straffung einige Druckseiten einsparen können, weil zahlreiche erläuterte Begriffe keinen Bezug zum Inhalt des Buches haben. Ein gründlicheres Lektorat hätte deshalb an manchen Stellen sicherlich gutgetan. Bedauerlich sind auch die oft sehr sparsamen Bildunterschriften, die dem Bedürfnis des interessierten Lesers und insbesondere dem heutigen Leseverhalten der Generation Z nicht gerecht werden.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Hüttenröder Edition Nr. 9 in erster Linie eine willkommene Ergänzung zu den bereits erschienenen Abhandlungen bildet. Dabei erhebt das Buch keinen Anspruch auf exakte Wissenschaft, sondern bündelt die Montangeschichte mit ihren Randgebieten von ihren Wurzeln her und in ihrer sozial-zwischenmenschlichen Einbettung. Diese Bestandsaufnahme ist sehr weitgehend gelungen. Der neuen Hüttenröder Edition ist deshalb eine weite Verbreitung zu wünschen.

Klaus Stedingk (Goslar)

Claudia
Menschen mit einer neuen Idee gelten so lange als Spinner, bis sich die Sache durchgesetzt hat. Mark Twain
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