Hangschutt oder Artefakt?

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Waldschrat
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Beitrag von Waldschrat »

Hallo, hier mal eine Frage an die Geologen.
Am Ausbiss eines Lagers von Eisensteingeoden in einem Steilhang finden sich faust- bis doppelt faustgroße Sandsteinbruchstücke, die schalig mit "Eisen" imprägniert sind. Es ist in der Umgebung sowohl untertägiger Bergbau auf diese Lagerstätte sowie das übertägige Auflesen von Bohnerzen überliefert (18.-19. Jhdt). Die Fundstücke an besagtem Ausbiss sind teils kantengerundet (infolge Verwitterung?), teils scharfkantig. Gibt es irgendwelche Merkmale, die mir die Unterscheidung ermöglichen, ob es sich hier um natürlichen Hangschutt oder um die Reste irgend wie gearteter menschlicher Abbautätigkeit handelt. Ich denke an Bearbeitungsspuren, Lage, Verteilung etc. Es sind nur geringe Mengen, die am ganzen Hang vertikal verstreut sind, aber keine erkennbare Halde bilden.
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Schwarzer
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Beitrag von Schwarzer »

Ich würde mal meinen das es sich dann um eine sekundäre Vererzung der Oxydationszone dieser Lagerstätte handelt. Wenn das Trägergestein Sandstein ist würde ich menschliche Entstehung fast Ausschliesen, zumals Du ja schreibst dort wäre Bergbau betrieben worden. Aber vielleicht verrätst Du mal diesen Fundpunkt, dann könnte man durchaus genaueres dazu sagen ;)
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Waldschrat
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Beitrag von Waldschrat »

Zitat:(...) sekundäre Vererzung der Oxydationszone dieser Lagerstätte (...)

So ist es, das ist auch bekannt. Die Lagerstätte befindet sich in der Hilsmulde im südlichen Niedersachsen. Die Schichten fallen zum Muldeninneren flach ein, während sie am steilen Außenhang zutage treten. Meine Frage bezieht sich nicht darauf, wie das Eisen dort hinein gekommen ist. Sondern ob die eisenhaltigen Steine, die am Außenhang im Wald verstreut liegen, von selber oben abgebrochen und runtergefallen sind (Hangschutt, nicht der Rede wert). Oder ob sie jemand oberflächlich ausgegraben, zerkleinert und hingeworfen hat (Artefakt, Hinweis auf bislang nicht dokumentierte Abbautätigkeit). Und ob sich das nach 250 Jahren noch feststellen lässt.
Ist vielleicht eher eine Frage an einen Montanarchäologen.
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Andreas
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Beitrag von Andreas »

Hallo Waldschrat,
du sagst ja selber, dass in dem Gebiet der Ausbiss eines Lagers von Eisensteingeoden liegt. Unter Geoden verstehe ich Konkretionen oder Inkrustationen von z.B. Metallverbindungen (Oxide, häufig Sulfide) in einer nicht vererzten Gesteinsmatrix. Bekanntes Beispiel sind die "Kieselgallenschiefer", die es im Mitteldevon von ganz Deutschland und weit darüber hinaus zu finden gibt.
Diese Konkretionen sind viel härter als das umgebende Gestein und verwittern dementsprechend langsamer. Bei der Verwitterung der erzhaltigen Schicht bleiben also die Geoden übrig.
Bei uns (Lahn-Dill-Gebiet) kennt man etwas ähnliches:
Die Roteisensteinhorizonte sind härter als die Nachbargesteine. Bei der Verwitterung bleiben die Erze als letztes zurück und rollen natürlich hangabwärts oder gehen in lehmigem Hangschutt als Fliesserden ab. Ersteres wird hier im lokalgeologischen Jargon auch "Rollager" genannt (nach neuer Rechtschreibung wahrscheinlich Rolllager) und wurde früher auch als Lagerstätte genutzt.
Eisen- oder sonstige Metallkonkretionen, die in lehmig-toniger Grundsubstanz stecken, nennt man häufig "Bohnerze". Diese hast du auch erwähnt. Früher wurden diese durch Auswaschen aus dem Lehm gewonnen.
Wenn das Muttergestein Sandstein ist, dann bleibt vermutlich etwas weniger Lehm bei der Verwitterung zurück, so dass sich die Eisensteingeoden als "Rolllager" über den Hang verteilen. Da die Transportweiten häufig nur einige 10 - 100 m sind, ist die Rundung entsprechend schlecht.
Beobachte doch mal die Böden in der Umgebung. SInd die eher sandig, so dass sich nur ein "Rolllager" ausbildet, oder gibt es auch lehmig-tonige, so dass du vermutlich auch "Bohnerze" im Hanglehm findest. Wegeinschnitte im Hang eignen sich hervorragend dafür.
Auf alle Fälle denke ich, dass die Erzbestreuung natürlichen Ursprungs ist. Mag natürlich sein, dass dem einen oder anderem Eisensteingräber mal ein Brocken von der Karre gefallen ist....

Glück auf!
Andreas
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Waldschrat
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Beitrag von Waldschrat »

Ja, Andreas,
das klingt alles sehr plausibel. Rolllager ist mir als Begriff neu, Bohnerzförderung gab es tatsächlich in flacheren tonigen Bereichen. Leider ist über den jeweiligen Untergrund spontan wenig zu sagen, da jeweils mit Humus bedeckt. Wenn man mal genau drauf achtet sieht man aber so viele von den Eisensteinbrocken herum liegen, dass man eher den Eindruck eines abbauwürdigen Lagers hat als den von ein paar Brocken, die mal von der Karre gefallen sind. Der Gedanke der Anreicherung durch Verwitterung gefällt mir gut.

Glück Auf!
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Andreas
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Beitrag von Andreas »

Hallo Waldschrat,
Rolllager ist tatsächlich auch nur ein lokaler Begriff, der heute auch hier fast nicht mehr verwendet wird. Er findet sich auf alten geologischen Karten (irgendwie sind doch die meisten geologischen Karten ganz schön alt) und in dementsprechenden Puplikationen. Aus anderen Regionen ist der mir auch nicht geläufig. Es handelt sich hierbei auch selten um echte Lagerstätten, sondern eher um begrenzte Vorkommen. Diese wurden halt schon früh genutzt, weil man sich nur nach dem Erz bücken muss.

Glück auf!
Andreas
Andreas
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Beitrag von Andreas »

Ähm, ich meine natürlich Publikationen, mit Pupsen hat das nix zu tun.

Sorry
Andreas
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